Odagsen

Rüben hacken - Längst vergessen und wieder vorgekramt

Dieser Artikel befasst sich mit dem Hacken und versetzen von Rüben. Ich kann mich erinnern das die dargestellten Verhältnisse in meiner Kindheit und Jugend so waren. 

Ralf Ahrens im Juni 2025

Aus „Südniedersachsen – Zeitschrift für regionale Forschung und Heimatpflege“Ausgabe vom 3. Dezember 2021 von Edelgard Wilms

Längst vergessen – und wieder vorgekramt

 „Längst vergessen – und wieder vorgekramt“, meint der 80-jährige Edgar Brakel aus Wulften/Harz, als seine Ehefrau Edeltraud vier alte Hacken aus dem Schuppen holt. Sie stammen noch von Edgars Großmutter aus Schwiegershausen und sind somit etwa 100 Jahre alt. Es handelt sich um eine Kartoffelhacke (11 cm breit), eine „Hoowernhacke“ (Haferhacke, 6 bzw. 9 cm breit) und eine „Schrappehacke“ (16 cm breit), mit der Rüben versetzt und gehackt wurden. Es gab auch an den Seiten abgeschrägte Haferhacken, die die Pflanzen beim Hacken schützten. „Rüben versetzen“ bedeutet, dass die Tagelöhnerfrauen aus den zunächst dicht in einer Reihe stehenden „Runkschen“ (Futterrüben) oder Zuckerrüben eine Hackenbreite Pflanzen heraushackten und jeweils nur ein Büschel von drei, vier Pflanzen übrigblieb.

Wir Schulkinder vom neunten bis 14. Lebensjahr verdienten uns damals unser erstes Geld mit dem nachfolgenden „Rüben verziehen“. Wir rutschten den ganzen Nachmittag auf meist nackten Knien die Reihen entlang, rupften bis auf die stärkste Pflanze alle übrigen heraus. Diese blieben zum Mulchen liegen, was auch das Wachsen von Unkräutern erschwerte. Die stehengelassenen, stärksten Pflanzen fanden nun genügend Raum für ihr Wachstum. Es gab schon eine Hierarchie in unserer Kindergruppe: Die jüngeren und kleineren Kinder bekamen nur eine Reihe, oft auch die am Rand, und erhielten nur den halben Lohn, etwa 25 Pfennige pro Nachmittag. Die älteren Kinder nahmen zwei Reihen und verdienten 50 Pfennige bis eine Mark.

Es war eine harte Arbeit, besonders wenn es heiß war und die Erde trocken und hart. Zum Glück gab es nach der Arbeit für alle einen kleinen Imbiss: zwei Scheiben Brot mit Grieben- oder Leberwurst, dazu einen Becher Malzkaffee (Muckefuck). Und wenn das Feld weit draußen in der Feldmark lag, gab es eine wunderbare, erholsame Fahrt auf dem Pferdewagen zurück ins Dorf. Auch für die Tagelöhnerfrauen, meist in Gruppen bis zu zehn Frauen, war es eine harte Arbeit, die Runkeln (Futterrüben), Zuckerrüben oder die Haferfelder zu hacken, täglich von 7 bis 18 Uhr. Sie fuhren mit dem Pferdewagen raus aufs Feld, hatten Kruken mit Bohnenkaffee dabei, die zum Warmhalten mit Stroh oder Heu abgedeckt waren. Sie bekamen Frühstück und Eintopf zu Mittag, freitags Fisch, tranken den Bohnenkaffee aus Emaillebechern und aßen „Luffen“ (Semmeln) mit Pflaumenmus oder Fettkrappeln. Erzählt wurde über alles, was wichtig und interessant war. Abendbrot gab es auf dem Hof.

Die Frauen hackten für 20 Mark am Tag, vielleicht gab es noch einen Sack Kartoffeln dazu, oder der Bauer half mit seinen Pferden bei der Bestellung oder Ernte ihrer kleinen Felder. Die Kleinbauern hatten oft nur zwei Kühe und wenig Ackerland. Männer hackten nur, wenn Not an Arbeitskräften war.

Dann übernahmen Pflanzenschutzmittel die Unkrautvernichtung. Seit begriffen wird, dass die biologische wie auch die konventionelle Landwirtschaft nachhaltiger arbeiten muss, sind in den letzten Jahren immer ausgefeiltere Geräte wie Grubber und Striegel zur mechanischen Unkrautbekämpfung entwickelt worden. Inzwischen gibt es solarbetriebene Hightech-Hackmaschinen, die nicht mehr nur die Reihen, sondern jede einzelne Nutzpflanze „erinnern“ und erkennen können und unkrautfreie, gehackte Reihen hinterlassen. Dadurch wird auch die Person überflüssig, die üblicherweise noch auf einem erhöhten Sitz hinter dem Trecker das Hacken überwachte. Es sind sehr kostspielige Maschinen, die sich nicht jeder Hof leisten kann.

Die nachfolgenden Bilder stammen aus dem Fundus meiner Großeltern Albert Reese und seiner Frau Minna, geb. Raulf

Wer darauf abgebildet ist, kann ich allerdings nicht sagen, ebenso wenig wann die Bilder gemacht wurden.

                     

Ralf Ahrens im Juni 2025

   
  
  

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